Sanwald-Plan 1:15 000 Herne-Süd, Stadtgrenze zu Bochum im Jahr 1928
Die Bergwerksgesellschaft Vereinigte Constantin der Große baute die ehemalige Bergarbeitersiedlung Constantin in zwei Etappen von 1900 bis 1910 und in 1920 mit den Straßen Kronen-, Dora-, Pieper-, Höhenweg-, Courrières- und Wiescherstraße.
Die Dreieckssiedlung Constantin war umschlossen von den Schachtanlagen IV/V im Westen, II im Norden und X im Süden auf Bochumer Stadtgebiet. Am nördlichen Rand der Karte ist der Wiescherfriedhof (Punkt 8 HERNE) und im Westen die Maschinenfabrik Flottmann erkennbar (Punkt 6 HERNE). Der Kartenvergleich verdeutlicht den Landschaftswandel.
Karte 1: 15 000: Stadt Herne 2004
Wie kommt es zu dem Straßennamen Courrières?
Am 10.03.1906 ereignete sich in Courrières (Nordfrankreich) eine Katastrophe. Bei einem Zechenunglück kamen über 1000 Bergleute zu Tode. Obwohl die Beziehungen zu Frankreich nach dem für Frankreich verlorenen Krieg von 1870/71 und nach dem demonstrativen Besuch Kaiser Wilhelm II. in Tanger 1905 äußerst gespannt waren, nahm die französische Grubenleitung ein Hilfsangebot der Zeche Shamrock an.
Quelle: Kroker S. 222
Das Gedenkblatt der Bergwerkgesellschaft Hibernia zeigt die Hl. Barbara bei der Überreichung eines Lorbeerkranzes an einen Retter. Unterschrieben ist die Urkunde vom Generaldirektor der Bergwerksgesellschaft Hibernia, Karl Behrens, der auf dem Wiescherfriedhof beerdigt liegt (Punkt 8 HERNE). Der Bergbau, symbolisiert durch Schlägel und Eisen und dem irischen Kleeblatt, tritt als Friedensstifter zwischen den verfeindeten Staaten auf.
Am 9.12.1974 wird die Koloniestraße in Courrièresstraße umbenannt.
Karte: Stadt Herne
Die Herner und Gelsenkirchener Rettungsmannschaft wurden mit ihren modernen Sicherheitsgeräten wie Helden gefeiert und entsprechend ausgezeichnet. Bereits am 31.05.1906 war eine Straße zwischen Brunnen- und Shamrockstraße Courrièresstraße benannt worden, die allerdings 1969 dem öffentlichen Verkehr entzogen wurde.
Das Denkmal des Namensgebers in York: |
Von dem Betriebsgelände sind noch die beiden Entgasungsventile übriggeblieben.
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Foto: E. Wührl (8/2001)
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Foto: E. Wührl (2/2002)
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Die Beamtenwohnungen stammen von 1893/94.
Prospekt: Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR)
Der Vergleich der beiden Luftbilder von 1951 und 1987 zeigt beeindruckend den Landschaftswandel an der Stadtgrenze Herne und Bochum in wenigen Jahrzehnten. Die montanindustrielle Entwicklung begann mit der Gründung des Bergwerks Vereinigte Constantin der Große am 15.08. 1849. Mit dem Abteufen des Schachtes I östlich der Herner Straße in Bochum-Riemke 1850 und der ersten Kohleförderung 1854 setzte das montanindustrielle Zeitalter ein, das 1967 hier sein Ende findet.
Um der großen Mobilität der anfänglich als Einzelperson vorwiegend aus den deutschen Ostprovinzen eingewanderten Arbeitskräfte entgegenzuwirken, bauten die Bergwerksgesellschaften in unmittelbarer Nähe zur Schachtanlage Wohnungen (Kolonien), in denen die Arbeiter sesshaft werden sollten. Gemäß ihrer Herkunft aus ländlichen Regionen entsprachen der Baustil, der Verlauf der Straßen und die großen Gartenflächen der Siedlungen dörflichen Strukturen (Punkt 11 HERNE).
Anders in der vorliegenden Kolonie Constantin, wo die mangelnde Grundfläche vermutlich zu einer größeren Wohnverdichtung geführt hat. Deshalb gilt die Kolonie als Beispiel für den Übergang von dörflichen zu städtischen Architekturformen.
In der Courrièresstraße (bis 1974 Koloniestraße) dominiert eine geschlossene niedrige Randbebauung, wie sie in der Teutoburgiasiedlung an der Castroper Straße auch zu finden ist. Vorspringende Fachwerkgiebel mit unterschiedlicher Höhe gliedern den langgestreckten traufständigen Baukörper.
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Der Konsum, das ehemalige werkseigene Geschäft in der Pieperstraße
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Fotos: E. Wührl (2/2002)
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In der Pieperstraße nimmt die Geschosshöhe zu. Die Individualität der Mehrfamilienhäuser wird durch Variation der Dachformen und Baukörper erzielt. Hat hier dem Architekten die Wohnidylle in einer süddeutschen Kleinstadt als Vorbild gedient?
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Fotos: E. Wührl (10/2001)
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Die Mehrgeschossigkeit einschließlich des Dachausbaus in dem ursprünglich für 12 Familien geplanten Doppelhaus in der Mühlhauserstraße belegt großstädtisches Wohnen.
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Fotos: E. Wührl (links: 2/2002 und rechts:10/2001)
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Das Doppelwohnhaus in der Mühlhauser Straße um 1905 gebaut besticht wegen seiner bewegten Dachformen, dem Zierfachwerk und den Fensterformen.
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Demgegenüber wirken die Fassaden in der Dorastraße (Nr.15 verputzt und Nr.17 Ziegelfassade) sehr schlicht.
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Foto: E. Wührl (10/2001)
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Foto: E. Wührl (2/2002)
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Weitere sehenswerte Arbeitersiedlungen auf der touristischen Route Herne:
o Punkt 3 HERNE (Wohnungsbau in der Weimarer Republik)
o Punkt 11 HERNE (Gartenstadt Teutoburgia)
o Punkt 4 WANNE (Hannover)
o Punkt 9 WANNE (Pluto "Hühnerleiter")
Anfahrt mit
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dem ÖPNV vom Bahnhof Herne: Bus 323 und 333 über Archäologie-Museum/Kreuzkirche (Punk 5 HERNE) und Friedhof Wiescherstraße (Punkt 8 HERNE) zur Haltsstelle Siedlung Constantin (Bus 323) und Dorastraße oder Herne/Höhenweg (Bus 333) |
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dem Pkw: BAB 43 Abfahrt Bochum-Riemke, rechts Bochumer Straße, rechts Hölkeskampring, rechts Wiescherstraße, am Friedhof (Punkt 8 HERNE) vorbei und links einbiegen in die Dorastraße |
Literatur:
Bollerey, Franziska u. Hartmann, Kristiana: Siedlungen aus den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster. Dortmunder Architekturhefte Nr. 8. Dortmund 1977
Herne von Ackerstraße bis Zur-Nieden-Straße, veröffentlicht vom Stadtarchiv Herne, Herne 1997
Huske, Joachim: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 1997. 2. Auflg. Bochum 1998
Kroker, Evelyn u. Unverferth, Gabriele: Der Arbeitsplatz des Bergmanns. 2. Auflage, Bochum 1981
Bearbeitung:
Jill Sibbe (Kaufmännische Assistentinnen, Mittelstufe, 2004)
Monique Silber (Kaufmännische Assistentinnen, Mittelstufe, 2004 )