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5. Punkt: Von der Zeche Königsgrube zum Stadtteilpark

 

 

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Oben:
Blick von Norden: Bergwerk Königsgrube in den 1930er Jahren mit Schacht Gustav und der "Asthmabrücke", die die Bergmannstraße mit der Ottostraße verbindet. Links die Königsgruber Straße, die bis 1927 das Zechengelände teilte. Heute verbindet hier ein Fußweg durch den Königsgruber Park die Königsgruber Str. mit der Straße Am Bollwerk (bis 1947 Königsgruber Str.).
Rechts:
Blick von der Günnigfelder Straße auf den Modellflugsportplatz, südlicher Teil des Königsgruber Parks. Von hier führt eine Unterführung Industriemuseum Hannover in Bochum (Punkt 4 WANNE)
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1. Orientierung

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Karte der Stadt Herne, 1:15 000 (2004)

Röhlinghausen liegt zwischen dem Herner Stadtteil Eickel im Osten, Gelsenkirchen im Westen und Bochum im Süden.

ÖPNV:
- Bus 368 von Wanne-Eickel HBF in Richtung Bochum-Harpen (Ruhrpark) über Bochum HBF. Haltestelle: Röhlinghausen Kirche (Punkt 6 WANNE) oder Am Bollwerk.

- Bus 390 vom Herner Bf über Eickeler Markt (Punkt 3 WANNE ) in Richtung Bochum Dahlhausen. Haltestelle: Röhlinghausen Kirche

- Bus 385 von Gelsenkirchen HBF Richtung Bochum-Hofstede; Haltestelle: Röhlinghausen Kirche

PKW:
Von der A 42 bei der Anschlussstelle Herne Wanne rechts abbiegen in die Hammerschmidtstraße Verlängerung Schlachthofstraße und Wakefieldstraße insgesamt ca. 3,5 km weiter fahren. Danach rechts in die Edmund-Weber-Straße einbiegen, dort schließlich links in die Königsgruber Straße (Sackgasse bis zum Park) abbiegen.


2. Chronologie der Zeche Königsgrube

2.1 Die Explorationsphase

Die Zeche Königsgrube (1855 - 1961/67) war ein Steinkohlen-Bergwerk im Herner Stadtteil Röhlinghausen, dort wo sich der Königsgruber Park befindet.
Im Juni 1851 wurde zum ersten Mal in Röhlinghausen in einer Tiefe von 131 m ein abbauwürdiges Flöz von 120 cm Mächtigkeit erbohrt. Sogleich beantragte Franz Hilgenstock, ein Student des Bergfaches aus Mülheim a.d. Ruhr, beim Oberbergamt in Bochum die Mutung. Damit der Antrag auf die Verleihung eines Grubenfeldes auch erfolgreich war, musste der Muter innerhalb von sechs Wochen einen Schacht niederbringen, damit der Bergrevierbeamte (Berggeschworene) die Abbauwürdigkeit eines Flözes in Augenschein nehmen konnte. Das Abteufen eines Schachtes war aber sehr teuer. So beschlossen die Antragsteller Franz Hilgenstock, Theodor Mayer (Betriebsdirektor der ersten deutschen Eisenbahngesellschaft in Langenberg), ihre angrenzenden Grubenfelder Glückauf Anna, Glückauf Elise und Glückauf Lina zur Gewerkschaft (Bergwerksunternehmen) Ida Maria provisorisch zu konsolidieren, um gemeinsam einen Schacht niederzubringen. Aber auch jetzt reichte das Kapital nicht aus, so dass sie den größten Teil ihrer Anteile an den Rentier Wolters aus Düsseldorf verkauften. Aber auch durch die Beteiligung des Düsseldorfer Kapitalgebers konnte die Auflage des Bergamtes nicht realisiert werden. Daher veräußerten die Gewerken ihre Bergwerksanteile mit Gewinn an wohlhabende Magdeburger Kaufleute, die am 11. August 1855 die Magdeburger Bergwerk AG zwecks Kapitalbeschaffung gründeten und die drei gemuteten Grubenfelder den Auflagen des Bergamtes entsprechend am 27. Oktober 1855 erfolgreich konsolidierten. Sie tauften die Zeche vermutlich nach Friedrich Willhelm IV., dem König von Preußen, auf den Namen Königsgrube.

Der Grund für den hohen Aufwand an Risikokapital und technischem Know-how - beides konnte von einheimischen Unternehmern meist nicht aufgebracht werden - liegt in den geologischen Bedingungen begründet. Während das Karbongebirge (Steinkohlengebirge) mit seinen Flözen in der Ruhrzone und in der südlichen Hellwegzone die Tagesoberfläche erreicht, taucht es nach Norden hin immer tiefer ab und wird von einem Deckgebirge (Mergel, bestehend aus Sand, Ton und Kalk) überlagert. Beispielsweise liegt das Karbongebirge in Röhlinghausen unter einer 120 m, in Münster unter einer 2000 m und unter der Nordsee unter einer 5000 m dicken Mergelschicht. Konnte die Kohle im südlichen Ruhrgebiet handwerklich im Stollenbergbau relativ leicht gewonnen werden, so war der Abbau der Kohle in den nördlichen Zonen nur im Tiefbau unter industriellem Einsatz der Dampfmaschine möglich. Diese wurde zum Abteufen der Schächte benötigt, sorgte für die Förderung der Kohle und den Transport der Belegschaft im Schacht, pumpte das anfallende Grubenwasser ab (Wasserhaltung) und versorgte den Grubenbau mit Frischluft (Bewetterung).


2.2 Die Aus- und Aufbauphase und der zeitweise Niedergang der Zeche
(1860 - 1924)

Mit dem Abteufen der Schächte 1 und 2 (Ernestine und Louise) im Jahr 1856 begann die Aus- und Aufbauphase des Bergwerks. Aber erst vier Jahre später konnte die Förderung in einer Teufe von 221 Metern in einem 2,20 m mächtigen Flöz aufgenommen werden. In diese Phase des Auf- und Ausbau fällt auch die Teufung (Niederbringung) des Doppelschachtes Gustav (1903), der bereits im darauf folgenden Jahr in Betrieb genommen werden konnte. Die Zeche erreichte im Jahr 1913 ihr zweitbestes Förderergebnis mit 584.373 t bei einer Belegschaft von 1669 Mann.

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(aus: Nörtemann, S. 28)
Zeche Königsgrube um 1870

Die Anordnung der Malakowtürme über den Schächten Luise (l.) und Ernestine (r.) ähnelt sehr stark derjenigen des Bergwerks Hannover (Punkt 4 WANNE). Zwischen den Malakowtürmen befand sich jedoch die Energiezentrale, zu der auch der Schornstein gehört. Die Fördermaschinen waren im Gegensatz zu der Anlage des Bergwerks Hannover links und rechts in den angebauten niedrigeren Gebäuden untergebracht.
Die Anordnung der Malakowtürme über den Schächten Luise (l.) und Ernestine (r.) ähnelt sehr stark derjenigen des Bergwerks Hannover (Punkt 4 WANNE). Zwischen den Malakowtürmen befand sich jedoch die Energiezentrale, zu der auch der Schornstein gehört. Die Fördermaschinen waren im Gegensatz zu der Anlage des Bergwerks Hannover links und rechts in den angebauten niedrigeren Gebäuden untergebracht.

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Postkarte: Archiv Wührl
Die Zeche Königsgrube im Jubiläumsjahr 1905

Bei zunehmender Tiefe der Schächte wuchsen auch das Gewicht der Seile und die Zugkräfte, was immer stärker werdende Fördemaschinen erforderte. Diese Kräfte konnten nicht mehr durch die Malakowtürme aufgefangen werden. Sie wurden durch stählerne Strebengerüste am Ende des 19. Jahrhunderts ersetzt.
Weitere Informationen zur Entwicklung der Schachtgebäude finden Sie unter Punkt 12 WANNE.

Während des I. Weltkrieges und in der Zeit der französischen Besetzung des Ruhrgebiets 1923 verzichtete die Zechenleitung auf Ersatzinvestitionen und Modernisierungsmaßnahmen. Stattdessen kamen die Gewinne durch überproportional hohe Dividenden den Aktionären zugute. Die Zechenanlagen verfielen zusehends, so dass der Volksmund die Zeche treffend "Zeche Schrotthaufen" bezeichnete.


2.3 Das Bergwerk in der Zwischenkriegszeit: Rationalisierung nationalsozialistisches Autarkiestreben, Kriegswirtschaft (1924 -1945)

Obwohl die Zeche Königsgrube stark heruntergewirtschaftet war, erwarb sie die Deutsche Erdöl AG (DEA) im Jahr 1924. Die DEA hatte nach dem I. Weltkrieg ihren ausländischen Erdölbesitz verloren und konzentrierte ihre Aktivitäten nun auf die Herstellung von Treibstoffen und Derivaten auf der Basis der heimischen Gasflammkohle. Von dieser Kohlenart besaß die Zeche Königsgrube einen großen Vorrat. Unter Leitung der DEA wurden die Arbeitsabläufe auf der Zeche untertage als auch übertage grundlegend erneuert und rationalisiert. Dazu gehörte u. a. auch die Schließung der Königsgruber Straße, die den Schacht Gustav vom übrigen Betriebsgelände trennte. Als Ersatz wurde 1927/28 etwas nördlicher eine Fußgängerbrücke ("Asthmabrücke" im Volksmund) über die Zechengleise gebaut, um den Bürgern eine Verbindung zwischen Bergmannstraße und Ottostraße zu ermöglichen. Unter Staublunge leidende Bergleute bekamen nicht selten einen Hustenanfall, wenn sie die ausgasenden Kohlelager unter der Brücke passierten.
In der nationalsozialistischen Zeit gewann die Zeche als "kriegswirtschaftlicher Betrieb" an nationaler Bedeutung, da das Erdöl arme Deutsche Reich nur durch Hydrieren der Kohle (hier: Gasflammkohle) den kriegswichtigen Treibstoff herstellen konnte. Während im I. Weltkrieg die Förderung zusammenbrach, erreichte die Zeche in ihrer Geschichte 1942 ihre maximale Produktion von 694.800 Tonnen bei 1779 Beschäftigten. Diese Produktionssteigerung für die Produktionssteigerung waren sehr unterschiedlich: Sicherlich war sie auch das Ergebnis der Rationalisierungsmaßnahmen. Aber sie konnte auch durch einen rücksichtslosen Raubbau (Abbau der Kohle), der den Ausbau und die Instandhaltung sträflich vernachlässigte, erzielt werden. Hinzu kamen die Ausbeutung der vorwiegend aus der Sowjetunion verschleppten Zwangsarbeiter und die Verlängerung der Arbeitszeit bei den deutschen Arbeitern, die vom Kriegsdienst befreit waren. Trotz der erheblichen Kriegsschäden durch die Bombenangriffe 1944/45 kam die Kohlenförderung nicht völlig zum Erliegen.

 

 

2.4 Nachkriegszeit, Kohlenkrise und Stilllegung (1945 - 1967)

In der unmittelbaren Nachkriegszeit galt es, die Bombenschäden an den Tagesanlagen zu beseitigen und den während des Krieges vernachlässigten Ausbau untertage zu modernisieren. Dieser Vorgang dauerte immerhin bis zum Jahr 1955, in dem die Zeche wieder den Vorkriegsstand mit 615.939 t bei 1.726 Beschäftigten erreichte. Obwohl die Auftragslage gut war, die Kohle bildete die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufbau der Bundesrepublik, verkaufte die DEA die Königsgrube 1954 an das Steinkohlenbergwerk Hannover-Hannibal AG. In den beiden folgenden Jahren wurden die Grubenfelder von Königsgrube und Hannover untertage verbunden, wodurch die Leistungsfähigkeit der drei Zechen gesteigert wurde. Die ab 1958 einsetzende Kohlenkrise (preiswertere Importkohle, sinkende Erdölpreis) veranlassten den Krupp-Konzern, der 1960 mit Genehmigung der Siegermächte wieder Eigentümer der o. g. Bergwerke wurde, die Zeche Königsgrube phasenweise stillzulegen: 1961 Einstellung der Förderung und schließlich 1967 gesamte Stilllegung. Im Jahre 1974 folgte der Abriss der Tagesanlagen.
Zu den wenigen sichtbaren Zeugen des Bergbaus im Königsgruber Park gehören die Protegohauben an den Stellen, wo damals die Schächte Ernestine, Louise und Gustav standen.

Originalbild Originalbild Originalbild Originalbild
Protegohaube über dem Schacht Ernestine

Die Protegohaube besteht aus einem Entgasungsrohr und einem Ventil als Abschluss. Ihre Aufgabe ist es, das aus dem Grubenbau austretende Grubengas sicher an die Luft abzuleiten.

Arbeitsgruppe der Jahrgangsstufe 12 vor der Protegohaube des 1888 abgeteuften Wetterschachtes

Tritt das Grubengas in größeren Mengen aus, kann es auch wirtschaftlich genutzt werden (Punkt 10 HERNE).

Protegohaube über dem Schacht Luise

 

Protegohaube über dem Schacht Gustav
Die kleine Tafel unter dem Ventil beschreibt den genauen Standort des Schachtes und seine die Tiefe.

Fotos: E. Wührl (2007)

 

Erklärung der bergmännischen Fachbegriffe

Ein Flöz ist eine ausgedehnte Lagerstätte an abbauwürdigen Mineralien, hier Steinkohle führende Schicht.

Abteufen bezeichnet das Niederbringen von Schächten. Teufe = Tiefe.

Eine Gewerkschaft ist hier nicht ein Interessensverband der Arbeitnehmer, sondern im Gegenteil die ältere Rechtsform einer Bergwerksgesellschaft, deren Anteilseigner (Gewerke) über Kuxe (Anteilsscheine) verfügen. Der moderne Nachfolger der Gewerkschaft ist die Aktiengesellschaft. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft hafteten die Gewerken bei Betriebsverlusten mit ihrem Vermögen, sie mussten Zubuße zahlen.

Konsolidierung bezeichnet im Bergbau die Vereinigung von Bergwerken oder Berechtsamen (Bergwerk einschließlich der Grubenfelder).

Eine Mutung ist ein Antrag eines bergbauwilligen Unternehmens bei einer Bergbaubehörde, mit dem Ziel eine Genehmigung für die Errichtung eines Bergwerkes zu bekommen.

 

 

2.5 Röhlinghausen: Von der Bauernschaft zum Industriedorf

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Karte "Röhlinghausen und Eickel 1904 (Stadt Herne)

Mit der Gründung der Zeche Pluto-Thies (1857) im Norden (Punkt 09 WANNE) und Königsgrube (1855) begann auch für die Bauernschaft Röhlinghausen das Industriezeitalter, in dessen Verlauf sich das Siedlungsbild grundsätzlich geändert hat. 1810 bestand die seit 1753 selbständige Bauernschaft aus 32 Höfen und Kotten mit ca. 200 Personen, wovon nur die drei größten Bauern Erlemann (heute Park an der Rheinischen Straße), Röhlinghaus und Stratmann (heute befindet sich dort das Volkshaus) von der Landwirtschaft leben konnten und die anderen einen Nebenerwerb nachgehen mussten. Schule, Kirche und das Gericht befanden sich im benachbarten Eickel, das allerdings über Feld- und Ackerwege nur schwer erreichbar war. Zu den wenigen vorindustriellen Strukturen, die trotz Industrialisierung auch heute noch erkennbar sind, gehören die Wege, die mit ihrem unregelmäßigen Verlauf damalige Grundstücksgrenzen markierten (z.B. Edmund-Weber-Straße, Plutostraße, Gelsenkirchener Straße) und Flurnamen (Am Bollwerk, Auf der Wilbe, Hasenhorst usw.). Von den Gebäuden aus der vorindustriellen Zeit existiert nur noch der Hof Pins.
Für die neue Epoche der Industrialisierung sind auf der Karte von 1904 folgende Veränderungen deutlich erkennbar:
- die Zechen Pluto und Königsgrube mit Tagesanlagen wie Halden, Wetter-schacht, Klärteich, Gasfabrik, Ziegelei (Ringofen)
- die Zechen eigenen Koloniehäuser
- das dichte Eisenbahnnetz, das dem Transport der Kohle diente, später auch dem Personenverkehr
- die Regulierung des Hüller Mühlenbachs
- der hilflose Versuch der Gemeindevertreter, für das Industriedorf nachträglich eine Dorfmitte in Gestalt eines Marktplatzes zu schaffen
- die evangelischen und katholischen Kirchen und ihre Schulen
- der Königsgruber Park als Geschenk der Magdeburger Bergwerks AG an die Bevölkerung (im Jahr 1904 fertig gestellt).

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Foto: E. Wührl (6/2007)
Foto: E. Wührl (6/2007)
Der Hof Pins an der Straße "Auf der Wilbe" als "einzig erhaltenes Gebäude aus vorindustrieller Zeit" (Nörtemann S.8), hier die Scheune von 1825


3. Röhlinghausen als attraktiver Wohnstandort


3.1 Die Bergarbeitersiedlung: Ihre Bedeutung damals und heute

Zahl der Wohnhäuser in den Gemeinden Wanne und Röhlinghausen (1875-1925)
Jahr Wanne Röhlinghausen Insgesamt
1875 309 143 452
1880 333 163 496
1885 431 166 597
1890 546 179 725
1895 775 240 1015
1900 1071 344 1315
1905 1375 496 1871
1910 1888 686 2574
1925 2185 694 2879

(Siehe Busch, S. 180)

Die starke Bevölkerungszunahme in der Industrialisierungsphase bis zum I. Welt-krieg, bedingt durch die zugewanderten Arbeitsmigranten und deren hohe Geburtenraten, löste einen Bauboom nicht nur in Wanne, sondern auch in dem abseits gelegenen Industriedorf Röhlinghausen aus. Der größte Teil der Zugewanderten wohnte in mehrgeschossigen Mietshäusern, ca. 20 -25 % in den für das Ruhrgebiet typischen Werkskolonien. Während die Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt deutlich teurer waren, boten die Arbeitgeber nicht nur preiswertere Werkswohnungen an, sondern Haustypen, die der ländlichen Herkunft der Zugewanderten entsprach, ausgestattet mit Ställen für Kleintierhaltung und einem großen Nutzgarten. (zur Herkunft der Zugewanderten und zu den Motiven der Unternehmer, "Kappeskolonien" zu bauen, s. Punkte 4 und 9 WANNE sowie Punkte 1 HERNE).

Die Bergarbeitersiedlung Königsgrube in Röhlinghausen wurde von 1875 bis 1914 in mehreren Phasen errichtet und später bis 1929 erweitert.

- Die ältesten Koloniehäuser stammen aus dem Beginn der Bauphase 1875, als auf der Zeche 800 Mann arbeiteten. Sie wurden an der Westseite der Hannoverstraße, Am Bollwerk, im Südteil der Gustavstraße, im Hasenhorst und außerdem in der Eisenstraße errichtet.
- Ab 1882 folgten weitere Werkswohnungen im Lakenbruch, östlich der Hannoverstraße.
- 1898 entschloss sich die Zeche zum Bau der Kolonie in der Siegfried- und Gustavstraße
- Zwischen 1901 und 1904 entstanden die Häuserzeilen an der Rheinischen Str. und an der Hofstraße, teilweise mit Jugendstilornamenten versehen.
- Zwischen 1899 und 1908 folgten die Häuser im nördlichen Teil der Gudrunstraße, im Hasenhorst und an der Friedastraße. Anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums stiftete die Magdeburger Bergwerks AG im Jahr 1905 auch den Volksgarten zwischen Hof- und Roonstraße (ab 1926: Rheinischer Straße).
- 1911 entstanden die Häuser in der Günnigfelder Straße
(nach Lührig / Schmitz S. 67f.)

Die Siedlungen liegen in unmittelbarer Nähe zum Bergwerk, damit die Mitarbeiter zu Fuß ihren Arbeitsplatz erreichen konnten. Die Häuser sind für jeweils vier Familien gebaut worden. Zwei Wohnungen sind nach vorne zur Straße und zwei nach hinten ausgerichtet mit jeweils 50 qm Wohnfläche. Alle Wohnungen hatten eine Küche, ein Wohn- und zwei Schlafzimmer, einen angebauten oder freistehenden Stall mit Abort (Plumpsklo). Im Stall wurden Schafe, Ziegen, Hühner, Schweine und Kaninchen gehalten, unter dem Dachboden die Tauben gezüchtet. Die Gärten wurden als Wirtschaftsgärten genutzt und nicht als Ziergärten wie heute. Die Erträge aus dem Garten und der Tierhaltung waren notwendig, um einen entsprechenden Lebensstandard zu halten. Der Lohn allein reichte dazu nicht aus.
Die Beziehungen zu den Nachbarn und den übrigen Siedlungsbewohnern waren sehr eng. Der Grund dafür war, dass die großen Familien auf engem Raum zusam-men lebten und die gleichen soziologischen Merkmale hatten. Außerdem waren die Männer bei ihrer lebensgefährlichen Arbeit untertage unbedingt aufeinander angewiesen.

Nach der Privatisierung der Koloniehäuser wohnen in der Straße Hasenhorst keine Arbeiter mehr, sondern Vertreter der Mittelschicht wie zum Beispiel Akademiker mit ihren jungen Familien. Sie bevorzugen das ruhige Wohnen im Grünen. Aus dem Wirtschaftsgarten ist ein Zier- oder alternativer Kräutergarten geworden und statt Ziege oder Schwein werden Hunde oder Katzen gehalten. Trotz der ländlichen Idylle liegen die Koloniehäuser relativ zentral zu den städtischen Zentren wie Bochum und Gelsenkirchen.
In den Vorgärten der Siedlungen sieht man gelegentlich einen Hund(t), das ist ein Wagen, in denen man früher Kohle transportiert hat. Eine unliebsame Erinnerung an den Bergbau sind aber auch die Bergschäden, von denen einige Häuser gezeichnet sind.

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Koloniehäuser Im Lakenbruch
Fotos: E. Wührl (6/2007)
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Hasenhorststraße
Fotos: E. Wührl (6/2007)
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Hasenhorststraße 13-15
Fotos: E. Wührl (3/2008)
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Hasenhorststraße mit Lindenallee
Fotos: E. Wührl (6/2007)

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Restauriertes Arbeiterhaus in der Rheinischen Straße (Roonstraße vor 1926).
Im Vorgarten erinnert ein Hund(t) an den Bergbau.
Fotos: E. Wührl (6/2007)

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Rheinische Straße (Roonstraße vor 1926) :
Wirtschaftsgarten

Foto: E. Wührl (6/2007)

 
Gustavstraße: Rückseite; angebaute Ställe mir Pultdächern
Foto: E. Wührl (6/2007)
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Ehem. Direktorenvilla mit Jugendstilornamenten an der Fassade, Königsgruber Straße 19
Foto: E. Wührl (6/2007)

 


3.2 Der Königsgruber Park - kein Park im herkömmlichen Verständnis

Der ca. 40 Hektar große Königsgruber Park befindet sich in Röhlinghausen auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Königsgrube. Die Zeche wurde 1967 stillgelegt, die Tagesanlagen bestanden noch bis 1974. Die Stadtplanung für eine neue Nutzung der Industriebrache sah in Teilbereichen eine Schüttung von Bergematerial sowie eine Wohnbebauung vor. Doch dieses Vorhaben stieß auf den hartnäckigen Widerstand einer örtlichen Bürgerinitiative, die sich mit ihrem Konzept "Gesamtgrün auf Königsgrube" schließlich durchsetzte: 1990 konnte der "Königsgruber Park", der 1985 von den Politikern im "Grünordnungsplan Königsgrube" beschlossen worden war, feierlich der Öffentlichkeit übergeben werden. Gleichzeitig wurden wie Mitte der 1950er Jahre die beiden ehemaligen Bergwerksflächen diesmal jedoch oberflächennah mit einem Fußgängertunnel unter der Günnigfelder Straße verbunden (Punkt 4 WANNE).

Der Königsgruber Park - Zeche Hannover I/II/V ist eine von 19 Station der "Route Industrienatur" des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Sie ergänzt die Route der Industriekultur mit ihren technischen und architektonischen Denkmalen, jedoch ist sie eigenständig (www.rvr-online.de). Nach dem Rückzug der großflächigen Montanindustrie hat eine spezielle Form der Natur (Industrienatur) die Industriebrachen zurückerobert. Die Route Industrienatur gibt Einblick in die Vielfalt der so entstandenen Lebensräume für eine spezielle Flora und Fauna.

Der außergewöhnliche Park entstand seit 1985 nicht nach einem vorgefertigten Plan im Stil eines herkömmlichen Stadtparks mit Blumenbeeten, Rasen und effektvoll gepflanzten Büschen und Bäumen. Hier kann die Natur mit ihren selbst regulierenden Kräften die Regie weitgehend selbst führen. Um eine natürliche Entwicklung möglichst wenig zu stören, beschränken sich die Eingriffe der Planer z.B. auf den Wegebau oder auf das Mähen der Wiesen auf das Notwendigste. Auch ist die ehemalige Halde nicht eingeebnet worden, sondern bietet als begrünter Aussichtspunkt den sprichwörtlichen Höhepunkt des Parks mit seinen insgesamt sehr abwechslungsreichen Oberflächenformen. Hügel, Täler, Senken bilden die Voraussetzung für unterschiedliche Biotope und bestimmen so die natürliche Vielfalt.
Welchen Anteil hat die Naherholung? Ist Naturschutz und Erholung in einem Ballungsraum nicht ein unversöhnlicher Gegensatz? Erholungssuchende finden im Königsgruber Park vielfältige Möglichkeiten ihren Aktivitäten nachgehen zu können. Befestigte Wege mit seitlich abgemähten Wiesenstreifen ermöglichen sichere Spaziergänge; Fahrradfahrer, Jogger bzw. Walker treffen sich hier bei jedem Wetter. Natürlich ist der Park ein Paradies für Hundebesitzer. Diese sollten jedoch in der Brutzeit im Frühjahr ihre Vierbeiner nicht durch die Wiesen jagen. Ähnliches gilt auch für jugendliche Mountainbikefahrer, die außerhalb der Wege ihre Umwelt zerstörenden Spuren hinterlassen. Ruhesuchende finden ausreichend Bänke in der freien Natur. Die Biologische Station Östliches Ruhrgebiet (www. biostation-ruhr-ost.de, Fon: 02323/55541) hat für interessierte Naturliebhaber den Erlebnispfad "Glückauf Natur" eingerichtet und bietet mit dem Regionalverband Ruhr (RVR Ruhr Grün, Fon:0208/8833483)) themenbezogene Exkursionen an. Ein etwas ausgefallenes Hobby pflegen die Modellflieger des Flugsportvereins (FSV) Bochum an der Günnigfelder Straße: Auf einem von der Stadt Bochum gepachteten Gelände starten und landen die ferngesteuerten Modellflugzeuge zur Freude aller Beteiligten und Zuschauer (www.modell-flug-bochum.de). Sicherlich profitiert auch die Seniorenwohnanlage des DRK am nördlichen Ende des Parks von der ruhigen Lage.
Der Park ist von allen Seiten durch Straßen gut erreichbar. Bemerkenswert ist, dass die Königsgruber Straße, die 1927 im Rahmen der Zechenmodernisierung teilweise zum Betriebsgelände umgenutzt wurde, nicht mehr wiederhergestellt wurde, obwohl dies für die Verkehrsführung sinnvoll gewesen wäre. Stattdessen verbindet ein Fußweg die Königsgruber Straße mit den südöstlich gelegenen Bergarbeitersiedlungen u.a. Am Bollwerk (bis 1947 Fortsetzung der Königsgruber Straße). Der Weg führt an den oben beschriebenen ehemaligen Schächten vorbei (s. Protegohauben). An die nördlich gelegene "Asthmabrücke" erinnert nichts mehr. Sie wurde 1976 endgültig abgebrochen.

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Lüneburger Heide? Nein, Mitten im Pott an der Stadtgrenze Herne / Bochum!
alle sechs Fotos: E.Wührl (Sommer / Herbst 2007)
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Blickrichtung nach Süden zum ehemaligen Zechengelände Hannover mit dem mächtigen Malakowturm. Ein Fußgängertunnel verbindet beide Grünflächen.
 
Ein Modellflugzeug hebt ab. Vereinsgelände des Flugsportvereins (FSV) Bochum
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Baumgruppen im Königsgruber Park
 
Naturnahes betreutes Wohnen

 

4.0 Literatur

BERKE, Wolfgang: Wo liegt eigentlich Wanne-Eickel? Bochum 2007

BUSCH, Paul: Zur Siedlungsstruktur der Stadt Wanne-Eickel. In: Bochum und das mittlere Ruhrgebiet. Paderborn 1965, S. 177-186

HILDEBRANDT, Manfred: Herne, eine historische Zeitreise, Gudensberg-Gleichen 1998

LÜHRIG, Heinrich / SCHMITZ, Gerhard: Röhlinghausen. Wanne-Eickel III. 2. erwei-terte Auflage. Herne 1997, hg. von der Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel e.V.

NÖRTEMANN, Gevert: Mitten im Pott. Röhlinghausen und die Zeche Königsgrube. Herne 2002

Ergänzende Internetadressen:

www.biostation-ruhr-ost.de
www.bochum.com/zeitpunkte/gruppen.htm
www.herne.de/kommunen/herne/ttw.nsf/id/DE_Parkanlagen?OpenDocument
www.herner-netz.de
www.rvr-online.de
www.modell-flug-bochum.de
www.route-industriekultur.de/themenrouten/erzbahn/siedlung-koenigsgrube
www.wanne-eickel.de
www.vs-books.de


Tipp:
Im DRK-Altenhilfezentrum "Königsgruber Park" in der Bergmannstraße 28 präsentiert G. Nörtemann (s. Literaturverzeichnis) eine ausgezeichnete Dauerausstellung zur Geschichte Röhlinghausen.


Autoren:
Boris Grmaca, Nadine Siebert & Mariam Hamra HBFG 12a (2007)

 

 

 

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