2. Punkt: Katholische Kirche St. Joseph (Löwenkirche) und Stadthalle (1925 - 1942)
Foto: E. Wührl (10/2006) Hauptansicht von Südwesten an der Hauptstraße |
Foto: Stadt Herne (um 1925) Ansicht von Nordosten |
1. Verkehrsverbindung (von Wanne-Eickel Hbf)
ÖPNV
-Buslinie 303 oder 362 Richtung Herne Bf (Ausstieg Solbad)
-Straßenbahnlinie 306 Richtung Bochum Hbf (Ausstieg Sportpark)
PKW
Vom Emscherschnellweg (BAB 42) Abfahrt Herne-Wanne nach Wanne auf der Hammerschmidtstraße, Fortsetzung Schlachthofstraße, Berliner Straße überqueren, Fortsetzung Wakefieldstraße, nach der zweiten Eisenbahnunterführung links in die Kurhausstraße bis zur Hauptstraße rechts.
Von der BAB 43 (Münster oder Bochum) kommend Abfahrt Herne-Eickel auf die Holsterhauser Straße Richtung Eickel, Dorstener Straße überqueren, Fortsetzung halb rechts in die Dorneburger Straße bis zur Kurhausstraße, links; Parkmöglichkeit in der Langekampstraße links.
2. Geschichte: Vom Rektorat zur Pfarrei
Die Bevölkerung der Emscherzone nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sprunghaft zu: Die Grafik in Punkt 16 WANNE zeigt den vorrangig auf Zuwanderung basierenden starken Bevölkerungsanstieg für das heutige Herner Stadtgebiet. Die Zuwanderer suchten Arbeitsplätze und fanden sie in der boomenden Montan-, in der Zuliefer-, Bauindustrie und im Transportwesen (Hauptbahnhof Wanne-Eickel, Punkt 1 WANNE). Auf diesem demographischen Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn in relativ schneller Abfolge neue Pfarreien entstanden, aus denen sich wiederum neue bildeten. Als Beispiel sei hier die Pfarrei St. Josef genannt, die aus den Pfarreien Marien (Eickel) und Laurentius (Bickern) 1907 hervorging, obwohl Laurentius auch erst 1890 zur Pfarrei erhoben worden ist.
Die Gründung der Pfarrei St. Josef ging auf die Rektoratschule in Wanne-Süd zurück, die Vikar Johannes Schmidt als Rektor zu Ostern 1894 eröffnet hatte. Der Geistliche feierte die erste hl. Messe (1894) zuerst in einem dem Bauunternehmen August Franke gehörigen Neubau, der ohne Innenwände blieb, um vielen Gläubigen Platz zu bieten. Schon gleich bei der Eröffnung dieser Kapelle stand fest, dass dieser Raum zu wenig Platz bot.
Deshalb diente für die nächsten Jahre ein 320 qm großer angemieteter Saal als Notkirche, die am 23. September 1897 eingeweiht wurde. Vikar Joseph Luft, der 1904 der Nachfolger von Vikar Schmidt wurde, setzte sich sehr für die Erhebung des Rektorats zur Pfarrei ein. Seine Bemühungen zahlten sich aus, denn am 1. November 1907 erfolgte die Erhebung des Rektorats zur Pfarrei. Der Vikar wurde am 3. November zum Pfarrer ernannt. Nachdem der Bauunternehmer August Franke und der Landwirt Heinrich Lechtape das Baugrundstück gestiftet hatten, konzentrierte sich der 1907 gegründete Kirchbauverein auf den Kirchbau.
Am 22. Januar 1909 wurde von der Bischöflichen Behörde die Genehmigung zum Bau der Kirche erteilt, die die Regierung Arnsberg am 15. Juni 1909 bestätigte. Am 7. September 1909 erfolgte der erste Spatenstich und am 17. April 1910 die Grundsteinlegung.
Das Allerheiligste konnte am 8.Oktober 1911 aus der Notkirche feierlich in die Joseph Kirche übergetragen werden. Allerdings ließ sich der Bischof mit der Einweihung Zeit: Sie fand am 17. November 1912 statt.
Gedenkstein an der Nordostseite der Kirche
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Grundstein in der Kirche vom 17. 4.1910
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Die Kirche blieb vor Schäden im Zweiten Weltkrieg nicht verschont. Die Glocken wurden in der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember 1941 zerstört und für Kriegszwecke eingeschmolzen. In der Nacht vom 6. zum 7. November 1944 brannte nach einem Bombenangriff die Kuppel vollständig aus und das Gewölbe in der Vierung und im Chor stürzte ein, nachdem Regenwasser eingedrungen war. Großen Schaden, u.a. die Zerstörung der erst 1941 neu angeschafften Orgel, verursachte auch die Explosion einer Panzersperre vor der Kirche ein Tag vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen.
In der Nachkriegszeit beseitigte die Gemeinde die entstandenen Schäden und stellte die Kirche mit kleinen Veränderungen wieder her: Die Deckenhöhe des Kirchenschiffes wurde aus akustischen Gründen verringert und das Niveau des Chorraumes wegen einer besseren Sicht für die Gläubigen um 0,54 m (= 3 Stufen) angehoben. Den Turm zieren nicht mehr zwei pyramidenförmigen Zeltdächer, sondern ein schlichteres Walmdach (s. Fotos oben).
3. Beschreibung der Kirche
Die Planung der Kirche und des Pfarrhauses (1909 erbaut) lag in den Händen des Bochumer Architekten Pinnekamp und des Bauunternehmers August Franke aus Wanne. Bei der Wahl des Baustils für die Kirche entschied man sich nicht - wie damals üblich - für die romanische oder gotische Architektur des Deutschen Mittelalters, sondern für die italienische Romanik: Vorbild war offensichtlich die berühmte romanische Kirche San Zeno Maggiore in Verona aus dem 11/12. Jahrhundert. Die Kirche in Gestalt einer Basilika besteht aus einem dreischiffigen Langhaus, einem Querhaus und einer sich anschließenden umfangreichen Choranlage. Über der Vierung erhebt sich ein achteckiger Turm mit einem Zeltdach als Abschluss. Ursprünglich waren über dem Westwerk der Hauptfassade zwei sechzig Meter hohe Türme mit spitzen Helmen geplant. Aus Kostengründen verzichtete man auf die Helme und beendete die Turmhöhe bei 40 Metern einschließlich der zwei niedrigen Pyramidenzeltdächer. Die Grundfläche der mit mächtigen Ruhrsandsteinen verblendeten Kirche beträgt ca. 46 x 22 Meter.
Besonders aufwändig ist das Hauptportal gestaltet: Drei liegende Löwen bewachen das Doppelportal, dessen Säulen auf den Rücken der Löwen stehen.
Hauptportal: Drei Löwen mit ihren Opfertieren tragen Säulen, die wiederum das Doppelportal stützen.
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Vermutlich diente der San Zeno-Dom in Verona als Vorlage für dieses Portal.
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Grimmiger Löwe als Sinnbild des Teuflischen und Fisch als Symbol des Getauften im Säulenkapitell
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Fabelwesen am Säulenfuß
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Spruchband im Giebel links: Haus Gottes und Himmelspforte
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Im Giebel rechts: Gehet zu Joseph
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Blick von der Orgelempore auf die Vierung und den Chor mit Apsis
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Beerdigungsseelenamt für Pfarrer Heinrich Schaut am 17. 01. 1962
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Firmerneuerung der kath. Jugend des Dekanats Wanne-Eickel am Sonntag, den 9. Mai 1937 in St. Joseph.
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Altar (Sakramentshaus) in der Apsis
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Linkes Chorgestühl links im Altarraum
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unten: Geschnitzte Fabelwesen am Chorgestühl
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Blick in die Vierungskuppel mit den vier Evangelisten in den Zwickeln
Blick auf die bemalte Holzdecke des Mittelschiffes in Richtung Orgelempore
Säulenfuß mit Fabelwesen
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Mutter Gottes mit Jesuskind auf dem Arm (19. Jh.) vor der Mittelsäule am Eingang
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Die dritte Orgel wurde am 5.08.1962 von Prälat Baumjohann eingeweiht. Es ist eine Kreienbrink-Orgel aus Osnabrück mit 38 Registern auf 3 Manualen und ein Pedalwerk.
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Begriffserklärung:
Basilika (griech.): Bei diesem Kirchenbau ist das Hauptschiff / Mittelschiff höher als die beiden Seitenschiffe / Nebenschiffe. Das Licht fällt durch je eine über den Dächern der Nebenschiffe liegende Fensterreihe (Lichtgaden) in das Hauptschiff.
Chor: Der Chor (meist quadratisch) schließt gewöhnlich den Altarraum nach Osten ab. Der Altarraum kann aber auch - wie hier - durch eine Apsis (= halbrunde Altarnische) vergrößert sein.
Kapitell ( lat.): Kopfstück einer Säule oder eines Pfeilers
Querschiff: Das Querschiff steht im rechten Winkel zum Mittelschiff, ist meist vor dem Übergang zum Chor angelegt und bildet so mit Mittelschiff und Chor im Grundriss eine Kreuzform.
Seitenschiff: Dem Hauptschiff beigestellte, durch Säulen oder Pfeiler abgetrennte Räume, bezeichnet man als Seitenschiff.
Vierung: Viereckiger Raum in der Basilika, der aus der Kreuzung des Mittel- mit dem Querschiffes gebildet wird. Die Vierung wird nach oben durch einen Turm oder eine Kuppel abgeschlossen.
4. Die Stadthalle (1926 - 1942)
Foto: Stadt Herne
Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Neben der ehrwürdigen neuromanischen St. Joseph-Kirche befand sich auf dem Eckgrundstück Hauptstraße / Kurhausstraße zwischen 1926 und bis zu ihrer Zerstörung 1942 die moderne vom Bauhaus geprägte Stadthalle.
Im Februar 1925 wurde die Errichtung einer Ausstellungshalle genehmigt. Den Entwurf fertigte der Wanner Bruno Lehnemann. Bereits fünf Monate später wurde der Neubau eröffnet.
Der expressionistische Kuppelbau, der sich stufenförmig nach oben hin verjüngte, wurde von sechs vertikalen Rippen getragen. Mit den drei angebauten Sälen hatte er eine Fläche von ca. 1500 qm. Die achteckige Haupthalle, etwa 800 qm groß, war ungefähr 15 m hoch. Die Zahl der Sitze betrug bei Veranstaltung mit Bühnenaufbau 952; etwa 1200 Personen fanden an Tischen platz. Die Stadthalle und ihre Nebenräume wurden für Kulturveranstaltungen und Ausstellungen, als Heimatmuseum, zu sportlichen Zwecken sowie vom Arbeitsamt und von städtischen Dienstleistungen genutzt.
Am 17. Januar 1942 vernichtete ein Brand das Gebäude bis auf die Grundmauern. Die Ruinen der Halle wurden später abgetragen. Heute erinnert eine Tafel an das ehemals moderne Gebäude.
5. Literatur:
50 Jahre St. Joseph Wanne-Eickel, hg. von Dechant Schaut, Wanne-Eickel 1958
Henning, Michael: Ein Hauch von Verona im Wanner Süden - Die katholische St. Joseph- Kirche. In: Sakralgebäude und religiöse Kunst in Wanne-Eickel und Herne. Der Emscherbrücher 2000, S.51 - 52
Herne - Architektur im Ruhrgebiet, hg. v. der Stadt Herne u. dem Bund deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure. Herne 1987
Herne von Ackerstraße bis Zur-Nieden-Straße. Veröffentlichung des Stadtarchivs Herne Bd.1 Herne 1997
Lührig, Heinrich: Wanne-Eickel in alten Ansichten. Zaltbommer (NL) 1992
6. Farbfotos: Engelbert Wührl (Herbst 2006)
7. Autoren:
- Tanja Behnk ( HBFG11a, Oktober 2006)
- Mariam Hamra ( HBFG11a, Oktober 2006)
- Auskunft erteilt das Pfarrbüro: Hauptstraße 140, 44651 Herne, Tel.: 02325 - 32318