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5. Punkt: Der Boulevard Bahnhofstraße zwischen Bahnhof
und Kreuzkirche / Westfälisches Museum für Archäologie (Europaplatz)
 
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Quelle: Stadt Herne (2004)

Bahnhofstraße zwischen dem Bahnhof im Norden und der Kreuzkirche bzw. dem Westfälischen Museum für Archäologie am Europaplatz im Süden. Westlich der Bahnhofstraße befindet sich das Behördenviertel mit dem Rathaus als Mittelpunkt.


1. Landschaft und Siedlungsgeschichte

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Beide Darstellungen aus: Kürten,Wilhelm: Natur und Landschaft in Herne (Sonderdruck aus Heft 1: Natur und Landschaft im Ruhrgebiet), Rheinhausen 1964. Nachdruck in:
Wührl, Engelbert: Herne. Die Entwicklung vom Dorf über die Bergbau- zur Industriestadt.
In: Geographie heute H. 62 (1988) S. 47

Die Bundesstraße 51, deren Teilstück zwischen der historischen Kernsiedlung (Haranni / Herne am Europaplatz) und dem Rhein-Herne-Kanal die Bahnhofstraße bildet, erreicht von Süden kommend die sanft abfallenden Hänge des mit Löß- und Lößsand bedeckten Muldentals der Emscher im Bochumer Norden, passiert die Mittel- und Niederterrasse (Höhendifferenz 10m) mit der Emscherniederung, um dann in ihrem nördlichen Verlauf auf die schwach ausgebildete Recklinghäuser Schichtstufe (115 m) zu steigen.
Die oberen Talhänge der rund 500 000 Jahre alten Emscher sowie die Castroper Höhen besiedelten unsere Vorfahren seit der Jungsteinzeit (ca. 4500 Jahre v. Chr.) als bevorzugte Standorte dauerhaft: Ausreichend verfügbares Wasser, vom Hochwasser geschützte Siedlungskerne sowie fruchtbare Lößböden zeichnen diesen Siedlungsraum aus. Im Steuerregister des Klosters zu Werden wird Herne unter dem altdeutschen Namen Haranni ("Anhöhensiedlung") erstmalig 880/890 genannt. Die Lage auf der Mittelterrasse bot der Bauernschaft einen ausreichenden Schutz vor der immer wieder über die Ufer tretenden Emscher. Erst ab 1904 wurde die wild mäandrierende Emscher von der Emschergenossenschaft reguliert und kanalisiert.
Auch die Köln-Mindener-Eisenbahn favorisierte das Emschertal (Niedert
errasse) wegen der geringen Steigungen, der dünnen Besiedlung und extensiven weidewirt-schaftlichen Nutzung (Emscherbruch, Heide); das Herner Bahnhofsgebäude wurde 1847 sicherheitshalber auf der Emscherrandplatte errichtet (vgl. 1. Punkt HERNE). Mit der Gründung des Bahnhofs "Herne-Bochum" war der zweite Impuls für die städtebauliche Entwicklung gegeben, die mit der Stadtgründung am 1.4.1897 deutlich forciert wurde. An der Landstraße zwischen dem alten Siedlungskern Haranni und dem Bahnhof entstanden die katholische Pfarrkirche St. Bonifatius (1872-74 und 1888/89) und die evangelische Kreuzkirche 1876 als wichtige Sichtmarken. Ab 1880 setzte ein regelrechter Bauboom ein.

 

2. Viehtreiberweg - Bundesstraße - Boulevard
Die verkehrsgeographische Bedeutung der Bahnhofstraße

Der Ausschnitt des preußischen Urmesstischblattes von 1842 (Maßstab 1: 25 000) zeigt die Landstraße (spätere Bahnhofstraße) zwischen dem Schloss Strünkede (nördliche Verlängerung nach Recklinghausen) und dem Dorf Herne. Im Dorf gabelt sich die Landstraße in südöstlicher Richtung (Wiescherstraße) nach Bochum-Hiltrop und zum Bochumer Zentrum (Bochumer Str.).

Der Steinweg (heute "An der Kreuzkirche") war der einzig befestigte Weg. Alle übrigen Wege waren in den feuchten Jahreszeiten nur schwer befahrbar, zumal sie als Viehtreiberwege genutzt wurden. An der Kreuzkirche befindet sich eine Tafel, die die dörfliche Siedlung um 1823 dokumentiert (1809: 575 Einwohner). In den Jahren 1839 bis 1941 wurde die Landstraße, die Teil der Handelsstraße von Köln nach Münster war, zur Chaussee ausgebaut. Im Jahr 1882 erhielt die Chaussee offiziell den Namen Bahnhofstraße, 1888 wurde sie mit einer Katzenkopfpflasterung befestigt und schließlich wurden 1892 die stinkenden Straßengräben zugeschüttet und die Kanalisation eingeführt. Der so gewonnenen Straßenraum verbreiterte den Gehsteig, den eine Baumreihe von der Fahrbahn trennte.

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Preußisches Urmesstischblatt von 1842
Messtischblatt von 1894


Das Messtischblatt von 1894 zeigt die Bahnhofstraße zwischen Schloss Strünkede (links oben) und dem alten Siedlungskern Herne an der Kreuzkirche in der Phase der Industrialisierung. Nicht mehr Land- und Viehwirtschaft bestimmen den Kartenausschnitt, sondern Zechen: Shamrock, von der Heydt und Friedrich der Große am Kohlenhafen gegenüber Strünkede. Eine dichte großbürgerliche Bebauung beidseitig zur Bahnhofstraße sowie eine ausgeprägte Verkehrsinfrastruktur (Stichkanal, Eisenbahn, Straßen), die an den Bedürfnissen der Industrie und des Bergbaus orientiert ist, veranschaulichen den schnellen Strukturwandel. Aus dem Dorf (1809: 575 Einwohner) ist eine Industriestadt geworden, die mit ca. 22 000 Einwohnern 1897 die Stadtrechte bekommt.
Den wachsenden Nahverkehr konnte die Postkutsche nicht mehr bewältigen. Die "Elektrische" übernahm ihre Transportaufgaben.

 

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Ein alter Anhänger der Straßenbahn Herne-Recklinghausen
aus: Fünfzig Jahre Straßenbahn...S.21

 

 

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Bahnhofstraße mit eingleisiger Straßenbahnführung
aus: Fünfzig Jahre Straßenbahn... S.48

 

Eröffnung der Straßenbahn Herne-Bochum 1894, der ersten elektrischen Straßenbahn Westfalens. Ausbau der Bahnhofstraße mit einem zweiten Gleis zwischen Vinckestraße und Bochumer Straße im Jahr 1931, was zu einem veränderten Aussehen der Straße führte: Die 7,50 m breite Fahrbahn wurde auf 12 m verbreitert, was bedeutete, dass die Bäume verschwanden und die 7 m breiten Bürgersteige um je 2,25 m schmaler wurden.

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Entwicklungskurve der Straßenbahn Herne-Bochum 1900 - 1926
aus: Fünfzig Jahre Straßenbahn...S.21

 

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Mitte der 1950er Jahre beginnt die Automotorisierung, die unsere Städte einschneidend verändern sollte.

Der Traum von der autogerechten Stadt und der grenzenlosen individuellen Mobilität erfährt auch in Herne bald ein jähes Ende.

 

 

 

Links: Kreuzkirche 1951
Hermann Gesing (1913-1997), Federzeichnung 38x28 cm

 

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Die verkehrsreiche Bahnhofstraße (B 51) um 1956.
Blick nach Norden auf die Bonifatiuskirche
Foto: Stadtarchiv Herne

 

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Dichter Kfz-Verkehr in der Bahnhofstraße ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre
Foto: Stadtarchiv Herne

 

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Ein erster Versuch, den ungebremsten Verkehrsstrom zu lenken:
Grüne Welle um 1960 für den Spitzenverkehr von 1500 -1700 Autos pro Stunde


Spätestens in den 1960er Jahren war die Bahnhofstraße zu einer vollkommen überlasteten innerstädtischen Verkehrsader geworden. Der Entwicklungsplan für den Stadtkern, der vom Rat und der Verwaltung der Stadt Herne Anfang der sechziger Jahre entwickelt wurde, sah unter anderem vor, den Fahrverkehr aus der Hauptgeschäftsstraße herauszunehmen. Voraussetzung war jedoch der Bau des Westrings, einer Umgehungsstraße. Am 3.08.1970 konnte der Westring für den Verkehr freigegeben und die Bahnhofstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt werden. Die westlich von der Bahnhofstraße gelegene Ringstraße führt seither den Verkehr der B51 in Richtung Bochum bzw. Recklinghausen. Ab dem 30.09.1976 wurde die Bahnhofstraße gänzlich zur Fußgängerzone erklärt. Nur die Straßenbahn fuhr noch über die Herner Einkaufsmeile.

 

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Zustand der Unterführung im Januar 1989. Am 2. Sept. 1989 wird die U35 zwischen Bochum und Herne eröffnet.
Foto: E.Wührl (1/1989)

 

Am 22. Februar 1972 startete der Bau der U-Bahn-Strecke von Herne nach Bochum. Die Heitkamp-Kapelle intonierte an diesem Tag "Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt". Der amtierende Bürgermeister Robert Brauner hielt eine Festtagsrede. Anfangs war eine durchgehende Stadtbahnstrecke zwischen Schloss Strünkede und Bochum gar nicht vorgesehen. Erst 1983 entschloss man sich zur totalen Untertunnelung. Am 10.Juni 1985 fiel der letzte Stein zwischen den beiden Städten Herne und Bochum.

 

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Endstation der U-35 am Schloss Strünkede
Foto: E.Wührl (2/2002)

 

 


3. Städtebauliche und architektonische Bedeutung der Bahnhofstraße
(einschließlich des benachbarten Behördenzentrum)

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Postkarte
Bahnhofstraße mit Blickrichtung nach Norden zum Bahnhof (um 1915). Rechts die Vinckestraße. Die reich verzierten Häuser mit Ecktürmchen, Erkern und Schmuckfassaden stammen aus der Zeit zwischen dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und dem I. Weltkrieg (1914-1918) und sind im Stil des Historismus errichtet worden.Von den 90 Gebäuden (= Erschließungseinheiten) wurden 64 (71%) zwischen 1886 bis 1914 gebaut.

 

Historismus

Die Industrielle Revolution führte in relativ kurzer Zeit nicht nur zu technischen Innovationen, sondern auch zu gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen und Brüchen, die die Menschen stark verunsicherten. In dieser Krise suchte besonders das Kapital- und Bildungsbürgertum nach sinnstiftenden Leitbildern und Werten, die sie in der Geschichte zu finden glaubten. In der Architektur fand die Rückbesinnung auf vergangene Baustile ihren sichtbaren Ausdruck in der reich ornamentierten Fassadengestaltung großbürgerlicher Wohn- und Geschäftshäuser. Während die Kirchen der schnell wachsenden Städte im vermeintlich nationalgotischen Stil gebaut wurden (St. Bonifatius und Kreuzkirche), obwohl zu dieser bekannt war, dass die Gotik ein französischer Baustil war, verkleidete das selbstbewusste Bürgertum seine Gebäude mit Säulen, Dreiecksgiebeln und Büsten aus der Renaissance oder überschwänglich mit barockem Zierrat, um öffentlich seine Bildung zu demonstrieren. Reparationszahlungen aus dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich und eine boomende Wirtschaft vor dem I. Weltkrieg schufen die finanzielle Grundlage für den zur Schau gestellten Reichtum des "Geldadels". Der aufwändige Architekturstil fand seine Entsprechung im repräsentativen Wohnstil des Salons mit teuren Möbeln aus edlen Hölzern, wertvollen Teppichen und mit Stuck verzierten Wänden (vgl. Einrichtung im Emschertal-Museum). Die Stilvielfalt des Historismus (Neoromanik, Neogotik, Neorenaissance, Neobarock) wurde bis in die 1960er Jahre wegen ihrer Anleihen und überschwänglichen Ornamentierung negativ bewertet. Nach den Erfahrungen der schmucklosen modernen Architektur aus den 1960er/1970er Jahren (Wohnturm an der Kreuzkirche, Neubauten nach der Stadtsanierung s.u.) sehnten sich die Menschen wieder nach mehr Geschichte. Auch wenn die Erhaltung der Historismusfassaden sehr aufwändig für die Eigentümer ist, ihr Erhalt garantiert die Unverwechselbarkeit der Straße und ist damit von unschätzbarem Wert auch für die Geschäftswelt.

 

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Dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit einer aufwändigen Stuck-Putzfassade im Neubarock. Starke Übereckbetonung durch Turm und Eingang. Der Entwurf gehört zu dem Gebäude, das sich an der Ecke Bahnhofstraße/Vinckestraße befindet.
(Siehe Postkarte vorheriges Bild)
Quelle: Gestaltleitplanung Bahnhofstraße Herne Bd. 1 S. 143 (Stadtbaugeschichte und Gebäudebewertung). Bearbeitung Krause & Partner, Dortmund. Auftraggeber: Stadt Herne, November 1999

 

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Das Wohn- und Geschäftshaus Bahnhofstraße 86 errichtete der Architekt im Stil des Neobarock. Der Übereckeingang wurde 1927 verlegt. Das aufwändig gestaltete Dach baute der Eigentümer wegen des beschädigten Eckturms 1946 vereinfacht um.
Quelle: Gestaltleitplanung Bahnhofstraße Herne Bd. 1 S. 144 (Stadtbaugeschichte und Gebäudebewertung). Bearbeitung Krause & Partner, Dortmund. Auftraggeber: Stadt Herne, November 1999

 

 

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Foto: S. Bastkowski in 2000
Foto:E.Wührl 10/2003)

Ansicht des Hauses Bahnhofstr. 86 von der Vinckestraße und Im Dülskamp.
Über der originalen Eingangstür befindet sich ein mächtiges Rundfenster, darüber ein Wappenfeld mit dem Baujahr 1898. Das noch ältere angrenzende zweigeschossige Gebäude wurde 2001/2002 durch einen Neubau ersetzt (Bauherrin: A. Bastkowski). Bild rechts: Das Gebäude nach der Restaurierung im Herbst 2003
Maßstab 1: 100

 

 

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Entwurf zum Neubau eines großbürgerlichen Wohn- und Geschäftshauses in der Bahnhofstr. 86 / Vinckestraße (ehemals Wilhelmstr.) für Herrn W. Kaiser in Herne, angefertigt vom Architekten J. Rasmusson, Herne 4. Juni 1898.
Die Toiletten befinden sich bereits auf Geschosshöhe und nicht mehr zwischen den Geschossen. Geschosshöhe und Aufteilung der Räume lassen großbürgerliches Wohnen erahnen.
Quelle: Entwurf des Wohn- und Geschäftshauses Bahnhofstraße 86 (im Privatbesitz)

 

 

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Erstes und zweites Obergeschoss des Wohn- und Geschäftshauses in der Bahnhofstraße 86, Ecke Vinckestraße
Quelle: Entwurf des Wohn- und Geschäftshauses Bahnhofstraße 86 (im Privatbesitz)

 

 

 

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Fotos: E.Wührl (2/2000 oben und 7/2003 unten)

Historismusfassade an der Ecke Bahnhofstraße / Neustraße von 1890.
"Sauberkeit" und "Hausfleiss", so kann der Betrachter lesen, sind bürgerliche Tugenden der Arbeitsgesellschaft und der Grundstein für Erfolg und Wohlstand.
Architektonisches Vorbild könnte ein italienischer Palazzo gewesen sein.

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Sauberkeit
Hausfleiss



 

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Die Figuren am Geschäftshaus Bahnhofstraße 17/19 repräsentieren die Wirtschaft in Herne: links: Handel (Götterbote Hermes) und Schifffahrt; in der Mitte: Stahlindustrie und Bergbau; rechts außen: die Land- und Bauwirtschaft
Foto: E. Wührl (1/2002)

 

Und gegenüber ein interessantes architektonisches Experiment, die postmoderne Gestaltung einer historischen Fassade (Bahnhofstraße 30)

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Fotos: E. Wührl (5/1997 rechts und 7/2003 links)

 

 

 

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Foto: E.Wührl 2/2003

Foto: E.Wührl 2/2003


Restauriert im historisierenden Stil. Der Wächter ist neu.
Sparkasse: Ecke Bahnhofstraße 56 / Heinrichstr. 1

 

 

 


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Fotos: E.Wührl 7/2003


Neorenaissancefassade an der Bahnhofstraße 79

 

 

St. Bonifatius1872 -1874 erbaut;1889 Glockenturm vollendet: Als Folge von Bergsenkungen, bedingt durch den Untertagebergbau, musste der neugotische Hallenbau des Gotteshauses 1972 abgerissen werden. Der Glockenturm (rechtes Bild) blieb aus städtebaulichen Aspekten erhalten. Die Blechverkleidung des Turms erinnert an den ehemaligen Hallenbau.

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St. Bonifatius, 1872-1874 erbaut;
1889 Glockenturm vollendet.

Foto: E.Wührl (1/2000)




Behördenviertel

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Stadtplan Herne 1928 M 1:15 000 (Sanwaldkarte)

 

Bevölkerungsentwicklung in Alt-Herne

1847 999
1861 2 210
1900 40 000
1911 60 000

Das industrielle Wachstum in der Emscherzone überformte die dörflichen Kernsiedlungen so schnell, dass eine städtebaulich sinnvolle Zentrumsbildung für die neuen Industriestädte nicht möglich war. Zechen, Fabrikanlagen, Werkssiedlungen und Verkehrswege wurden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten angelegt und ließen eine Verstädterungszone entstehen, die aus vielen "Industriedörfern" besteht, deren Struktur bis in die Gegenwart nachwirkt. In Alt-Herne entwickelte sich die Bahnhofstraße zur geschäftlichen Lebensader, in Sodingen bildete die Zeche Mont-Cenis (1871/72) und in Wanne der 1872 gegründete Bahnhof den städtischen Mittelpunkt. Nachdem Herne 1897 vom Landkreisamt zur Stadt erhoben wurde, versuchten die Stadtväter, durch den Bau eines Behördenviertels städtische Strukturen, d.h. u.a. ein Zentrum im Nachhinein zu schaffen. Auf fast 9 ha Ackerland entstand der Marktplatz, der an seiner westlichen Seite von dem Rathaus dominiert wird. Auf der Südseite wird der Marktplatz durch das 1914-21 errichtete Amtsgericht im neubarocken Stil begrenzt. Nach Norden findet der Platz seinen Abschluss durch das Gebäude der Polizeidirektion (1926/29). Im Westen öffnet sich der Platz zum Friedrich-Ebert-Platz, der seinerseits den Zugang zur Geschäftswelt auf der Bahnhofstraße über die Behrensstraße vermittelt.


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Rathaus (1912 Einweihung) im Stil des Neoklassizismus. Der schlichte zweiflügelige Baukörper mit dem Mittelbau ist von der Neuen Sachlichkeit beeinflusst. Architekt war der Düsseldorfer Wilhelm Kreis.
Foto: E.Wührl (3/2002)

 

 

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Rathaus mit Vorplatz im März 2002
Foto: E.Wührl (3/2002)

 

 

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Rathaus: Mittelrisalit und Freitreppe, die von zwei Löwen eingerahmt wird. Das erste Herner Stadtwappen, das seine Gültigkeit von 1900 bis 1937 hatte.
Foto: E.Wührl (3/2002)  

 

Den Dreiecksgiebel des Mittelrisalits schmücken eine mächtige Eiche (Wahrzeichen für westfälische Kraft), darüber das frühe Gezähe (Werkzeug) des Bergmanns, Schlägel und Eisen, mit dem dreiblättrigen Kleeblatt, das auf die erste in Herne abgeteufte Zeche Shamrock (=Kleeblatt) verweist.

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Foto:E.Wührl (11/1987)

 

 

 

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Ratssaal
Foto: E.Wührl (3/2002)

 

 

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Amtsgericht und Rathaus, Rathausvorplatz und Friedrich-Ebert-Platz im Vordergrund
Foto: E.Wührl (3/2002)

 

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Polizeidirektion (1926/29) mit Schmuck im Art Déco innen als auch außen
Fotos: E.Wührl (3/2002)

 

 

Der Robert-Brauner-Platz

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Foto: E.Wührl (8/1998)


Robert-Brauner-Platz. Auf der Suche nach einem Stadtteilzentrum (Neue Mitte) mit hoher Aufenthaltsqualität: Straßenerweiterung für Kommerz, Politik, Kommuniukation und Kunst; Das Karstadtgebäude an der Bahnhofstraße 65 - 71 mit der senkrechten Lamellenverkleidung wurde 1960 gebaut.

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Foto: E.Wührl (12/2001)

 

Im Zuge der Stadtkernerneuerung in den 1960er bis 1970er Jahren erfuhr auch die vom Bombenkrieg des Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont gebliebene Bahnhofstraße und ihr Umfeld deutliche städtebauliche Veränderungen. Auf dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums, des steigenden Wohlstands und des zunehmenden Individualverkehrs wurden die Altbauwohnquartiere aus der Gründerzeit (1871-1914) saniert, die Hinterhofgewerbebetriebe in eigens ausgewiesene Gewerbegebiete ausgelagert und der steigende Verkehrsfluss durch den Bau von mehrspurigen Straßen gelenkt (Sodinger-, Horsterhauser Straße, Westring). Die Methode war die Flächensanierung, die im Gegensatz zur Objektsanierung keine Rücksicht auf vorhandene historische Bausubstanz nahm. Auch wenn es in Herne nicht zu den langweiligen "Wohngebirgen" (Großwohnsiedlungen) wie in anderen Großstädten gekommen ist (Berlin: Märkisches Viertel), die genormte, schmucklose funktionale Architektur (Prinzip "Kasten") wird von den Bewohnern als monoton und geschichtslos empfunden und hat einen entsprechend geringen Identifikationswert.

 

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Fotos: E.Wührl (10/1984 links und 7/2003 rechts)

Das zweigeschossige City-Center (1971-73 gebaut) mit seiner ursprünglichen Aluminium-Relief-Fassade. Der dahinterliegende siebengeschossige Gebäuderiegel, bestehend aus Wohnungen, Büros und Praxen, steht städteplanerisch für das Konzept "Verdichtung schafft Kommunikation": Komfortables Wohnen und kurze Wege sollten die Innenstadt attraktiv machen und der Stadtflucht, dem Wohnen im Grünen, entgegenwirken. Die Bauflucht wurde an dieser Stelle zurückgenommen, so dass die Bahnhofstraße hier eine platzähnliche Erweiterung erfuhr.

 

Das City-Center nach dem Umbau
Fotos: B. Kostrewa (6/2003)

 

 

Schattenseiten der Bahnhofstraße

Leider gibt es neben den restaurierten historischen Gebäuden auch noch Bauten, die das Stadtbild stören. Am Robert-Brauner-Platz Ecke Victor-Reuter-Straße stehen Zweckbauten der 1970er Jahre, die damals als modern galten, jedoch in ihrer Geschosshöhe und schmucklosen Fassadengestaltung keinerlei Rücksicht auf die historische Bausubstanz der Bahnhofstraße nehmen.

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Schlichte Zweckbauten der 1970er Jahre
Foto: E.Wührl (7/2003) Foto: B. Kostrewa (6/2003) 12 GOST

 

Beispiel missglückter Werbung

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Aufdringliche Werbung verdrängt die historische Fassade: Bahnhofstr. 81a
Empfehlung: Fassadengestaltung als integraler Bestandteil der Werbung nutzen und vermarkten.
Fotos: E.Wührl (1/2000)

 


Am Siedlungsursprung: Haranni

Jugendstil im Kontrast zum Funktionalismus:
Die Wohntürme an der Kreuzkirche als moderne Wahrzeichen der Stadt (links)
Das Westfälische Museum für Archäologie und die Kreuzkirche mit dem Europaplatz (rechts)

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Foto: E.Wührl (1/2002)
Foto: E.Wührl (10/2003)

 

 

Die St. Dionysius-Kirche

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Modell im Emschertal-Museum Tafel an der Kreuzkirche


St.-Dionysius-Kirche (1561 - 1873) als Dorfkirche des Siedlungskerns "Haranni" (s. rotes Rechteck auf der Luftaufnahme). Die neugotische Kreuzkirche wurde 1875/76 etwas nach Norden versetzt errichtet.
Foto links: E.Wührl (6/2003) Foto rechts: E.Wührl (02/2001)

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St. Dionysius Wohnanlage

Die evangelische St.-Dionysius-Kirche
Die älteste Kirche Hernes wurde 1876 abgerissen. Ihre Grundfläche wurde am Ende der 1960er Jahre im Rahmen der damals üblichen Flächensanierungen mit der Holsterhauser- bzw. Sodinger Straße überbaut. Im Zuge der Altstadtsanierung entstand auch auf der südlichen Straßenseite eine Wohnanlage (Baujahr 1976/77) als bauliche Begrenzung der Innenstadt.

 

 


Der Umbau der Bahnhofstraße zum Boulevard (1999-2002)

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Foto: E.Wührl (3/1999)

Umbau der Bahnhofstraße zu Beginn des neuen Jahrtausends. Nach der Errichtung des CentrOs in Oberhausen und der Modernisierung und Erweiterung des Ruhrparks in Bochum müssen auch die Innenstädte nachziehen: Fußgängerzonen allein genügen nicht mehr. Boulevard Bahnhofstraße heißt die Antwort auf die Herausforderung der "grünen Wiese". Vergleichbare Reaktion auch in der Bochumer Innenstadt, der "Boulevard Massenbergstraße".

 

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Neue Plattierung und effektvolle Beleuchtung der Bahnhofstraße. Der Umbau der rund 1000m langen Bahnhofstraße mit ihren ca. 200 Geschäften zum Boulevard erfolgte zwischen 1999 und 2002.
Foto: B. Kostrewa (6/2003)

 


Unten: Endpunkt des Boulevards Bahnhofstraße: Das Westfälische Museum für Archäologie
(Eröffnung am 28. März 2003)
Foto: E.Wührl (4/2003)

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Mit allen Sinnen
Antje Apfelbaum u. Christel Jakobi (KAFM, 2003)

Ab Ende März 2003 wird das neue westfälische Museum für Archäologie die Kultur in Herne neu beleben. Darauf spekulieren zumindest die Organisatoren. Der 23,3 Millionen Euro teure Neubau wird die Besucher mit 200 Jahren archäologischer Forschung faszinieren. Auf fast 2.500 qm wird das Herzstück des Museums über 250.000 Jahre westfälische Geschichte erzählen. Unter dem ehemaligen Parkplatz zwischen Kreuzkirche, C&A und dem Kulturzentrum kann man dann unterirdisch einem völlig neuen Museumskonzept beiwohnen.
Ein Pfad führt den Besucher chronologisch durch die Jahrtausende der westfälischen Geschichte. Dabei "entdeckt" der Besucher die archäologischen Funde in ihren nachempfundenen ursprünglichen Ausgrabungsstätten. Das besondere Konzept dieser Dauerausstellung liegt darin, dass der Besucher die Bodenfunde nicht wie bisher fein säuberlich restauriert in Vitrinen vorfindet, sondern diese Fundstücke wie der Archäologe in einer Grabungslandschaft wahrnimmt: Lernen mit allen Sinnen. Das neue Konzept setzt also auf "Erlebnis-Kultur" .
Selbstverständlich werden auch detaillierte Informationen zu den einzelnen Epochen angeboten. Weitere Auskünfte geben vier Grabungszelte, in denen die vier existenziellen Bereiche des menschlichen Lebens nachempfunden sind: Klima, Zeit, Kommunikation und Sexualität.
Doch damit noch nicht genug: Auch Wissenschaft wird im Museum "live" sichtbar. Archäologen rekonstruieren "mit Botanikern die Ernährungsgewohnheiten im Mittelalter, mit Anthropologen erstellen sie Krankheitsbilder der ersten Bauern, mit Soziologen erforschen sie die Umwelteinflüsse in der frühindustriellen Zeit." (Freigang, Yasemine: Das neue Westfälische Museum für Archäologie in Herne. In: Forum Industriedenmalpflege und Geschichtskultur 2/2002, S. 28)

Mit inszenatorischen Mitteln wird der Besucher mit allen Sinnen in die Geschichte geführt. "Die Kälte der Eiszeit, das Schlachtgetümmel der Römer, die Gerüche des Mittelalters" (Freigang, ebd., S. 29) lassen den Besucher teilhaben.
So entsteht mitten im Ruhrgebiet, dem drittgrößten Ballungsraum Europas, ein Forum für die Archäologie in Westfalen und darüber hinaus.

Anfahrtswege:

- Die U-Bahnlinie 35 Bochum-Herne hält an der Haltestelle "Archäologie-Museum / Kreuzkirche" direkt vor der Tür.
- Wenn Sie mit dem Auto anreisen, verlassen Sie die A42 an der Anschlussstelle Herne-Baukau und fahren auf dem Westring weiter in Richtung Herne-Mitte, Bochum. Biegen Sie dann links in die Holsterhauser Straße ein und folgen dem Straßenverlauf, bis Sie an der Kreuzkirche angelangt sind. Dort finden Sie auch das Museum.





 

Öffnungszeiten:

Dienstag, Mittwoch, Freitag: 9 Uhr bis 17 Uhr
Donnerstag: 9 Uhr bis 19 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag: 11 Uhr bis 18 Uhr
Montag: Ruhetag

Eintrittspreise:

3,50 € Erwachsene
3,00 € Erwachsene in Gruppen ab 16 Personen
2,00 € Kinder, Jugendliche (6 bis 17 Jahre) und Schülerinnen und Schüler
1,60 € Schülerinnen und Schüler bei Teilnahme an Führungen oder Programm (2 Begleiter frei)
2,10 € Ermäßigungsberechtigte
8,00 € Familien

 

 

 

 

 

Führungen: 20,50 € für Gruppen bis 25 Personen

Stand: Mai 2004

Kontakt:
Westfälisches Museum für Archäologie
Europaplatz 1
44623 Herne
02323/ 94628-0
www.landesmuseum-herne.de

 

 


Die Ausstattung der Bahnhofstraße mit Kunst


Sechs Kunstobjekte (Cubecracks) als Wegemarken vom Schloss Strünkede über die Bahnhofstraße zu den Flottmannhallen (1995 errichtet):
Aus einem riesigen Stahlkubus, einem Hohlkörper von 2,50 m x 2,50 m x 7,50 m, schnitt der Künstler Schrader sechs Kunstobjekte aus, die alle eine andere Form haben.

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Cubecracks am Robert-Brauner-Platz und an der Kreuzkirche von HD Schrader.
Foto: E. Wührl (1/2002) Foto: B. Kostrewa, (6/2003)

 


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Moderne Lichtkunst und Historismusfassade von 1890
an der Ecke Bahnhofstraße / Neustraße
Foto: E. Wührl (1/2002)

 

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Lichtkunst des Krefelder Künstlers Günter Dohr
in der Unterführung am Bahnhof.
Foto: B. Kostrewa, (6/2003)

 


 

 

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Im Jahre 1989 wurde diese über eine Tonne schwere Kugel entworfen und gebaut. Es handelt sich hier um eine Marmorkugel, die durch Wasserdruck in ihrem steinernen Bett in Rotation versetzt wird.
Foto: B. Kostrewa (6/2003)

 

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Foto: B. Kostrewa (6/2003)


Dieses Wasserkunstobjekt in Metalloptik befindet sich auf dem Vorplatz des City-Centers am oberen Ende der Bahnhofstraße. Hier wird mit dem Element Wasser gearbeitet, dass durch sein Plätschern und seine Frische und Reinheit ungemein beruhigt. Der obere Teil der kinetischen Skulptur bewegt sich bei entsprechender Windstärke.
Als die Bauarbeiten für den neuen Boulevard begannen, versetzte man den Brunnen etwa 40 m nach oben und fügte ihm noch einen kleinen Bach hinzu. Für die Kinder ist es das Schönste am Einkaufsbummel, sich am kühlen Nass zu erquicken. Dieses Wasserkunstobjekt wurde von Günter Tollmann (1926-1990) im Zusammenhang mit dem Bau des City-Centers (s.o.) unter dem Titel "Lindenbaum" 1973 geschaffen.

 

 

Autoren:
Tobias Isler und Björn Kostrewa 12 GOST, Antje Apfelbaum u. Christel Jakobi (KAFM), Engelbert Wührl (Stand 2003)


Literatur:
CUBECRACKS HD Schrader, hg. v. Emschertal-Museum, Herne, Museum für konkrete Kunst, Ingolstadt, Museum für Kunst u. Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck 1995
Fünfzig Jahre Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel. 120 Jahre Herner Nahverkehr 1836 - 1906 - 1956, hg.v. der Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel GmbH, Herne 1956
Herne - Architektur im Ruhrgebiet, hg. v. der Stadt Herne u. dem Bund deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure. Herne 1987
Wührl, Engelbert: Herne. Die Entwicklung vom Dorf über die Bergbau- zur Industriestadt. In: Geographie heute H. 62 (1988) S. 47


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